Neue Abgasnorm für Bürgerbusse

Auszug aus einem Artikel des Staatsanzeiger vom 17.10.2014:

Neue Abgasnorm könnte Aus für Bürgerbusse sein

In Süßen sorgt man sich um die Zukunft der Vereine

Bahnhof Süßen. Bussteig E. Um Punkt 10 Uhr rollt ein kleiner gelber Sprinter in die Haltebucht. Er ist voller Werbeanzeigen. Über der Windschutzscheibe steht in schwarzen Buchstaben "Bürgerbus Süßen". Am Steuer des Bürgerbusses sitzt Uwe Riether. "Wir sind keine Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr, sondern eine Ergänzung", erklärt der 54-Jährige. Er ist einer von 28 Fahrern und Vorsitzender des Bürgerbusvereins Süßen, der im Mai 2009 gegründet wurde. Seither hat der vereinseigene Bus fast 160.000 Kilometer zurückgelegt und 30.000 Fahrgäste befördert.

Um 10.10 Uhr fährt Riether los. Die acht Sitze des Busses sind leer. "Das kommt öfter vor", sagt Riether. "Es kann aber auch sein, dass ich auf einer Runde 15 Leute transportiere". Sein Hauptpublikum seien Senioren, einige Stammkunden nutzten den Bus fast täglich.

Riether und seine Fahrer dürfen nur an den für sie vorgesehenen Haltestellen halten. In Süßen sind das 35. Ansonsten verliren sie ihren Versicherungsschutz. Die Fahrer sind über die Berufsgenossenschaft Verkehr versichert. Dafür zahlt jedes Mitglied einen Beitrag von 27 Euro pro Jahr. Die Kosten für die Fahrerlaubnis trät der Verein. Wer einen ehemaligen Führerschein Klasse drei hat, muss zusätzlich einen kleinen Busführerschein machen. Das kostet den Verein alle fünf Jahre 210 Euro pro Fahrer.

Riether hat Befürchtungen, dass es bald keine Bürgerbusse mehr geben könnte. Grund dafür ist die Euro-6-Abgasnorm der EU, die Ende 2015 in Kraft tritt und strengere Emissionsgrenzwerte für Pkw vorschreibt. In zwei Jahren muss der Verein seinen Bus ersetzen. Dann gelten die neuen Regeln und jeder Neuwagen muss einen Schadstoff-Katalysator haben. Dieser ist so schwer, dass ein Sprinter über 3,5 Tonnen wiegen wird. Besitzer eines normalen Führerscheins, wie es die meisten ehrenamtlichen Bürgerbusfahrer sind, dürften diesen Wagen nicht fahren.

Eine Fahrt mit dem Bürgerbus kostet einen Euro. "Das reicht gerade mal für den Sprit", sagt Riether. Durch die Werbung auf dem Auto kämen nochmal rund 1000 Euro im Jahr zusammen. Die Stadt Süßen übernimmt pro Jahr die Führerscheinkosten für zwei der ehrenamtlichen Fahrer. Ansonsten finanziert sich der Verein durch Spenden. "Ohne diese könnten wir nicht überleben", sagt Riether. Vom Land erhalten die Bürgerbusvereine keine Förderung. Lediglich für die kostenlose Mitnahme von Behinderten zahlt das Land einige Cent pro Person. In Nordrhein-Westfalen hingegen, dem Bundesland mit der längsten Bürgerbusgeschichte Deutschlands, erhalten die Vereine vom Land eine jährliche Pauschale von 5000 Euro und 40.000 Euro für den Kauf eines Busses. Marc Kersting, Bürgermeister von Süßen, fordert auch von der Regierung in Baden-Württemberg mehr Unterstützung. Neben einer besseren Finanzierung solle das Land die Regularien für Bürgerbusse vereinfachen.

"Um ein besseres Sprachrohr zu haben, haben wir uns dem Landesverband proBürgerBus angeschlossen", sagt Riether. Dieser wurde im September 2014 in Uhingen gegründet. 17 der 26 Bürgerbusvereine des Landes sind Mitglied.

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